Also wir wären fertig mit dem Hausbau. Zumindest größtenteils. Mit den Nerven auch. 😉 Nee, jetzt mal nicht übertreiben, aber spurlos ging der ganze Prozess nicht an uns vorbei. Vor allem, weil wir ja nicht schlüsselfertig gebaut haben, sondern unsere Gewerke selbst organisierten (für alle die neu sind: hier ging es so richtig los).

Davon rieten uns viele ab. Wir würden auch vielen davon abraten, denn in erster Linie braucht ihr Lust, Geduld, besagte Nerven & Zeit – und davon größere Portionen. Wir hatten zumindest zeitweise beides und als wir für mehrere Wochen/ Monate aufgrund Jans Dreharbeiten verreisten, vor allem einen weiteren unerlässlichen Bonus: mega Handwerker. Und zwar solche, die nicht einfach nur stumpf ihre eigenen Gewerke abarbeiteten, sondern mitdachten und uns so rechtzeitig auf Baumängel aufmerksam machten, die uns teilweise in einigen Jahren richtig Schotter gekostet hätten, manche sicher auch früher. Es ist NICHT möglich, als Laie jedes Risiko abwägen oder überhaupt erkennen zu können. An dieser Stelle übrigens ein kleiner Serientip für alle, die Lust haben auf Abrissbirnen, Kernsanierungen oder Um- oder Neubauten, dazu jede Menge Inspo: „Große Träume, große Häuser“ (läuft bspw. auf Netflix). Kevin McCloud begleitet Familien während der gesamten Projektzeit ihrer größtenteils abenteuerlichen und unkonventionellen Bauvorhaben, mit allen schonungslosen Höhen und Tiefen, die der Hausbau so mit sich bringt.

Was aus unserer Sicht für einen möglichst geschmeidigen Hausbau Prozess wichtig ist, erzählen wir euch jetzt:

– Know-How aneignen –

Wir wurden nicht als Pros geboren (würden uns auch heute nicht als solche bezeichnen) und obwohl wir über einen guten Background verfügen (bspw. bauerfahrene Familien, Jans Papa ist zudem Architekt), erzählte Firma A, dass XY Aufgabe von Firma B wäre, Firma B jedoch fühlte sich überhaupt nicht verantwortlich. Als Bauherr steht man so lange zwischen den Stühlen und versucht etwas ungeschickt und hilflos zu vermitteln, bis man sich selbst intensiv mit der Materie befasst, sich einliest, bei Hotlines/ Behörden/ dem Hersteller anruft oder whatever – bis man eben Ahnung hat. Dann kann man mitdiskutieren und findet recht schnell eine Lösung und/oder den Verantwortlichen. Wissensaneignung ist das A und O, ohne die geht nichts. Und das im Übrigen nicht nur dann, wenn´s mal hakt. Wir können euch beruhigen: die kochen auch alle nur mit Wasser. Und so kompliziert, wie´s im ersten Moment wirkt, ist es fast nie.

Wenn ihr total unschlüssig seid und nicht mehr vermitteln könnt, nehmt das Geld in die Hand für einen unabhängigen Sachverständigen. Wir hatten den ein paar Mal auf der Baustelle. Vorher einkalkuliert? Nee. Jeden Cent wert? Ja.

– Gute Handwerker beauftragen –

Eingangs haben wir´s erwähnt: ohne unsere Crew wären wir verloren gewesen. Klar kann man sich dann belesen, wenn man auf ein Problem aufmerksam gemacht wird, aber ohne Handwerker, die das nicht erkennen, geht man schnell baden. Wie findet man die? Am besten ihr hört euch im Bekannten- und Freundeskreis um, persönliche Erfahrungen sind oft die besten. Wenn ihr da nicht weiterkommt, spuckt Google natürlich viele Handwerksbetriebe für euch aus. Wir gehen im ersten Schritt schon nach der Homepage, weil die unserer Meinung nach viel über den Betrieb aussagen kann, aber wie heißt es so schön: der Schuster hat die schlechtesten Leisten. Deswegen aufs Bauchgefühl beim Erstkontakt hören. Mehrere Angebote einholen, Positionen vergleichen, genau lesen. Referenzen ansehen (wenn möglich auch mit den jeweiligen Bauherren sprechen), dann könnt ihr deren Arbeit(sweise) beurteilen. Wir entschieden uns übrigens nicht bei jedem Gewerk für den günstigsten Handwerker, sondern für den, bei dem das Gesamtpaket stimmte, inklusive sicherem Gefühl.

– Zeitplan erstellen –

Wir hatten das Glück, dass wir gar keinen Zeitdruck hatten, denn wir mussten nicht aus unserer alten Bleibe raus (aber natürlich möchte man am liebsten nach dem ersten Spatenstich die Umzugskartons packen). Urspr. war unser Umzug allerdings lose im Spätsommer geplant, tatsächlich eingezogen sind wir 2 Tage vor Weihnachten. Ab dem Zeitpunkt, an dem das Haus stand bis zum Einzug vergingen etwa 9 Monate. Ob das daran lag, dass wir den Hausbau unrealistisch und mit zu wenig Puffer planten oder ob wir kaum Druck machten, eben weil der Umzug nicht zu einem bestimmten Termin durch sein musste – keine Ahnung. Vielleicht eine Mischung aus beidem. Wir waren ja auch fast den ganzen Sommer nicht da und somit gezwungen zu delegieren. Aber i.d.R. gibt es einen spätestmöglichen Termin, zu dem das Eigenheim fertig gestellt sein sollte und bevor ihr euren Mietvertrag kündigt oder das Haus verkauft: macht euch viele Gedanken und einen guten Zeitplan für die einzelnen Leistungsphasen mit ordentlich Puffer (geht bspw. wunderbar mit MS Project, hätten wir vielleicht mal machen sollen^^). Manchmal ist es besser, einen oder zwei Monate mehr Miete zu bezahlen, als richtig Stress zu bekommen und in einem halben Rohbau zu wohnen. Es sei denn, ihr steht auf Abenteuer. 😉 Abgesehen davon kann es ganz leicht zu einem Domino-Effekt kommen, wenn ihr zu straff plant, ein Gewerk nicht so abgeschlossen werden kann, wie ihr euch das vorgestellt habt und die Folgegewerke geschoben werden müssen (bei uns stimmte bspw. die Länge der Fensterbänke außen nicht, was wir erst beim Einbau bemerkten. Lieferzeit 4 Wochen. Deswegen musste das Gerüst letztendlich über 12 Wochen länger stehen, weil der Verputzer dann erstmal nicht mehr konnte. Steckt man ja nicht drin.). Solltet ihr ein Fertighaus bauen, könnt ihr versuchen, einen fixen Einzugstermin festzuhalten und mit einer Vertragsstrafe zu verhängen. Wenn sich jemand darauf einlässt. 😉

– Geldgrube Hausbau –

Ihr habt euer Budget ermittelt, seid zur Bank gegangen und eure Finanzierung steht, davon gehen wir jetzt einfach mal aus. Eigentlich wird es I.M.M.E.R teurer. Über 75% der Häuser kosten am Ende spürbar mehr, als urspr. geplant (damit meinen wir mindestens 10% mehr). Bei uns war die Zahl deutlich höher, wir kalkulierten allerdings nicht total straff und entschieden uns auch während der Bauphase häufig um. Scheinbar kleinere Posten (für einen Hausbau) summieren sich nunmal extrem („Können wir nicht doch die Granit-Arbeitsplatte machen, ich koche doch so viel und die Arbeitsplatte soll eigentlich schon hitzebeständig sein!?“ 3.000 Euro *kling*. „Nehmen wir die großformatigen Steine im Eingangsbereich.“ 2.000 Euro *kling*. „Eine Entkalkungsanlage wäre bei unserem Härtegrad aber eigentlich schon sinnvoll, oder?“ 1.000 Euro *kling*). Hinzu kommt, dass gegen Ende des Hausbaus gefühlt nur noch Rechnungen reinflattern, die wir gar nicht (mehr) auf dem Schirm hatten (bspw. das Haus wird eingemessen, Bauherren-/Wasseranschluss, riesige Containerentsorgung, erneute Notar-/ Grundschuldkosten, weil die Finanzierung ausgeweitet wird, Versicherungen, Abnahme des Kamins und und und). Bänker sind da i.d.R. relaxter, als man oft befürchtet. 😉

Um der Ausuferung entgegen zu wirken: setzt euch vielleicht ein Limit, wie viel die Extras, die vorher keiner einkalkuliert hat, kosten dürfen. So wird konsequent abgewägt, gestrichen oder beauftragt, aber es gibt keine bösen Überraschungen.

 – Eigenleistung – Segen oder Fluch ? –

Vielleicht beides. Wenn ihr begabt seid – wunderbar. Nicht selten denkt man aber, dass man dies oder jenes schon irgendwie selbst hinbekommt und verzettelt sich dann total. Führt zu Pfusch, am allerhäufigsten totalem Zeitverzug und das kostet am Ende Zeit, Geld und vor allem Nerven. Die Frauen freuen sich, wenn ihre Männer großspurig verkünden, dass man „das bisschen Rigipsplatte“ doch ganz schnell an die Wände bekommt. 😉 Fragt euch ehrlich, ob es nicht sinnvoller ist, wenn ihr in der Zeit etwas anderes macht (das im Idealfall auch Geld bringt). Ansonsten kann man durch Eigenleistung natürlich schon viel Geld sparen.

– Gelassen und realistisch bleiben. Vorbereitung –

Hausbau ist nunmal immer eine Belastung. Absprachen werden nicht eingehalten, Handwerker versetzen euch (und geben deswegen nicht mal Bescheid), kommen nicht rechtzeitig („wir mussten auf eine andere Baustelle“) und vertuschen gerne mal ihre Fehler („haben wir immer schon so gemacht“). Geräte funktionieren nicht („ich weiß jetzt auch nicht, woran es liegt, da muss der Elektriker was falsch gemacht haben“), die Fertigstellung wird nach hinten geschoben, es wird teurer, ihr müsst nachfinanzieren. Und habt das Gefühl, ihr bekommt außer Rechnungen keine andere Post mehr. In der Hinsicht sollte man sich nichts vormachen und sich auch rechtzeitig gut auf die stressige Phase vorbereiten. Damit der Hausbau nicht zum Beziehungskiller wird, weil die Nerven blank liegen. Es wird vermutlich kein Spaziergang.

Aber am Ende wird alles gut, ihr bekommt das hin, findet sicher eine Lösung und zieht in euer wunderschönes Haus. Der ganze Müll, der rumsteht ist weg, der Baustaub verschwindet, die Küche wird eingebaut und ihr räumt eure Bücher in die Regale. Rechnungen erwischen euch auch nicht mehr auf dem falschen Fuß. Versprochen! Und es ist ein fantastisches Gefühl, nach Hause zu kommen in die eigenen 4 Wände, die man so mühevoll und zeitintensiv geplant hat, dass sich dafür jede schlaflose Nacht, jede Beschwerdemail und jede Krisensitzung auf der Baustelle lohnt. Falls ihr mitten drin steckt: haltet durch! Falls es bald auf euch zukommt: viel Spaß, wir würden es jederzeit wieder machen. 🙂

Liebe Grüße

Julia und Jan