Wer ein Gefühl dafür bekommen möchte, wie der Planet während der letzten Eiszeit ausgesehen haben muss, der sollte zur Inselgruppe Spitzbergen oder auch Svalbard fahren. „Spitzbergen“ wurde nach der größten Insel benannt. Um hier her zu kommen (gut zwei Seetage hat´s gedauert), nur noch 1.280 m vom Nordpol entfernt, überquerten wir den Polarkreis. 

Auf unserer Route lag auch Jan Meyen, eine ca. 400 Quadratkilometer große Insel vulkanischen Ursprungs, die gleichzeitig ein Naturreservat ist. Sie wird vom knapp 2.300 km hohen Vulkan Beerenberg beherrscht, den wir allerdings nicht sehen konnten (Nebel).

– Natur, Natur, Natur auf Spitzbergen –

Für Geologen muss Spitzbergen das Paradies sein. Wir zitieren mal kurz unseren Reiseführer:

Svalbard ist wie ein Bilderbuch der Zeitalter. Zugleich verweist die Geologie auf das „Wandern“ der Inselgruppe gen Norden. So lag sie einst am Äquator, das Klima war heiß und feucht. Dann wurde es trocken, dann kühl und dann schließlich kalt. Es gibt Gesteine, die von Vulkanen ausgespien wurden, solche, die in der Tiefe erkaltet sind und einige, die durch gewaltige Kräfte geknetet und gefaltet wurden. Und schließlich finden sich Schichten aus Sand, Schutt und tausenden Meeresorganismen. Die Kohlevorkommen sind nichts anderes als uralte Wälder aus dem Tertiär und sogar dem Karbon. Einer Zeit vor 350 Millionen Jahren, als sich die ersten Lurche aufmachten, an Land zu kriechen. Auf Svalbard gibt es sogar Gestein, das 3,3 Milliarden Jahre alt ist.

 

Nachdem wir im Sommer hier waren, hatte es angenehme 4 Grad, also fast schon T-Shirt Wetter. 😉 Im Winter sind Minustemperaturen bis weit unter 30  Grad keine Seltenheit. Spitzbergens Klima wirkt streng und unversöhnlich, wie eine erstarrte Welt aus vergangenen Tagen. Die ganzen Eisformationen sind natürlich das Highlight. 2/3 werden von Gletschern bedeckt, zum Teil einen halben Kilometer dick.

Wir sind völlig beeindruckt von dieser arktischen Insel in majestätischer Stille – und voller Kontraste: sonnig und neblig, Felsen und Eis, kalt und warm, belebt und verlassen.

Für alle, die es besonders interessiert oder die eine Reise nach Spitzbergen planen: wir fuhren in den größten Fjord Spitzbergens, den Isafjord. Die erste Passage war Ymerbukta, dann Trygghamna (das sind Seitenarme des Isarfjords). Es ging weiter in den Billefjord (ganz tief im Isarfjord) zu der Bucht Adolfbukta mit dem unglaublichen Nordenskjöld-Gletscher. Vorbei an der Geisterstadt Pyramiden, in den Sassen- und Tempelfjord zu den Gletschern Tunabreen und Von Postbreen. Unser letzter Halt war dann der Adventfjord mit der Hauptstadt Spitzbergens: Longyearbyen.

– Die russische Enklave Barentsburg auf Spitzbergen –

1920 bekam Norwegen Spitzbergen zugesprochen, andere Länder erhielten allerdings Sonderrechte. Ganz lang diente die Inselgruppe als Stützpunkt für den Walfang. Dann entdeckte man die Kohlevorkommen, was zur ganzjährigen Besiedelung Spitzbergens führte. Mitte der 90er Jahre – mit dem immer unrentabler werdenden Kohlebergbau – verließen viele Russen und Ukrainer langsam die Inseln. Heute sind die Spitzberger zu 2/3 norwegisch. Die einzige russische Gemeinde, die bis heute verblieben ist, ist Barentsburg.

Mittlerweile hat Barentsburg nur noch 480 Einwohner, ist aber dennoch die zweitgrößte Siedlung Spitzbergens. Verteilt über eine Hügelflanke, ist es vom Wasser aus voll einsehbar. Dass es sich bei Barentsburg um eine Bergwerkstadt mit Kohleförderung handelt, kann die Gemeinde kaum verbergen.

Mit Tenderbooten schifften sie uns für ein paar Stunden zum Erkunden auf die Insel, nach Barentsburg selbst kommt man mit rund 250 Stufen über eine bereits restaurierte Holztreppe. Die hoben wir uns allerdings für den Rückweg auf. Den ‚Berg‘ hinauf ging es mit einem Shuttle Bus. In Barentsburg liegt zwar der Hund begraben (wir konnten tatsächlich keinen finden *ups*), aber Tourismus schreibt man sich hier ganz groß auf die Fahne. Immerhin werden Kreuzfahrer (und andere Extremurlauber *Gag*) von der nördlichsten Bierbrauerei der Welt verwöhnt. Da sind wir dann zwangsläufig auch alle gelandet. Fotos ersparen wir euch. Aber das Bier war gut. So, ab in die „City“.

Vor der Abfahrt bestellten wir gleich noch ein Bier. Praktische Standleitung mit der Durchwahl 66 – direkt zum Tresen. 😉

Barentsburg wirkt wie ein bizarres Überbleibsel der sowjetischen Imperialträume und ein Besuch ist, obwohl die Stadt den Eindruck macht, dem schleppenden Verfall zu erliegen, wirklich lohnenswert. Sie hat einen morbiden Charme und man könnte locker einen ganzen Tag hier verbringen, um einzigartiges Fotos zu schießen. Wir reisewütigen Deutschen sind generell viel zu verwöhnt. Also wider die Erwartungshaltung. Einfach mal drauf einlassen. Julia fiel es sichtlich schwer, das Schöne zu entdecken. Und sie hat wirklich gesucht.

Hier der Ortskern mit Parkanlage.

So manches Relikt deutet darauf hin, dass es Fluchtversuche der Bewohner gegeben haben muss. Scheinbar jedoch ohne Erfolg.

– Must Do’s in Barentsburg –

(Punkt 1: sich vergewissern, wann das Schiff wieder ablegt) Die Gemeinde wirkt zwar echt runtegerockt und verlassen, aber die Bewohner versuchen Stück für Stück, den Kern modern umzuplanen und zu restaurieren. Kindergarten und Schule sind verwaist. Es gibt ein Museum, ein Hotel, Restaurant, Postamt, einen Souvenirshop, eine Stabkirche und, wir haben´s vorher schon erwähnt, die angeblich nördlichste Brauerei der Welt.

Das örtliche Hallenbad. Aber da war irgendwie keiner.

Oh, und ein Ski-Doo-Parkplatz.

Wer bis jetzt noch an dem sowjetischen Erbe zweifelt:

Wie viele Lenin-Statuen gibt es weltweit eigentlich noch? Eine davon steht auf jeden Fall in Barentsburg.

– Auf Erkundungstour –

Gibt es mäßig viel zu sehen. doch das Geisterstadt-feeling in Barentsburg ist wirklich besonders. Vor allem in Kombination mit Wetter und Umgebung. Wo sind die alle ? Hat doch wohl nicht der Eisbär geholt ?

Vakanter Wohnraum mit Meerblick

Echt spitze, die Kinderschokolade aus Spitzbergen. Man braucht ja Mitbringsel.

Während die Einheimischen bereits wieder in ihre Häuser strömten,  ging es für uns zurück an Bord. Landschaft gucken.

Schon in wenigen Tagen geht´s für uns ans Nordkap, denn ab jetzt bereisen wir Norwegen.

Wir freuen uns auf euch!

Julia und Jan

* Sämtliche Bilder für diesen Beitrag wurden mit der EOS 5D mark iii erstellt (Leihgabe von Canon, keine Zuwendungen erhalten). 
** Die Rechte der Bilder in diesem Beitrag liegen bei ©Jan Hartmann ©echt!Hartmann

Was wir noch auf unserer Kreuzfahrt erlebt haben, könnt ihr in diesen Beiträgen nachlesen:

  • Auslaufen aus dem Hamburger Hafen, hier lang
  • Heimaey, Westmännerinseln, hier lang
  • Reykjavik, hier lang
  • Isafjörður – Handelszentrum der Westfjorde Islands, hier lang
  • Tromsø, hier lang
  • Svartisengletscher, hier lang
  • Geiranger Fjord, Anfahrt mit dem Schiff, hier lang
  • Bergen, hier lang
  • Landteil Geiranger Fjord, hier lang
  • Loen Skylift, hier lang
  • Trollstigen, hier lang
  • Ålesund, hier lang